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So führt Ihr die Auswertung qualitativer Interviews durch

Wie man qualitative Interviews auswertet Die Planung, die Durchführung und die Auswertung von Experteninterviews sind wesentliche Schritte beim Verfassen von wissenschaftlichen Arbeiten. Viele Studierende haben jedoch Schwierigkeiten bei der Auswertung der Interviews. Das liegt u.a. daran, dass es viele verschiedene Methoden gibt, wie man die Auswertung machen kann – und man weiß nie, ob man die richtige und verlässliche Methode gewählt hat. In diesem Artikel möchte ich Euch eine erprobte Methode der Auswertung zeigen, damit Ihr in Zukunft keine Angst mehr haben müsst, wenn es um die Auswertung qualitativer Interviews für wissenschaftliche Arbeiten geht.

Eine Möglichkeit der Auswertung ist die qualitative Inhaltsanalyse nach Meuser und Nagel. Diese Methode betrachtet den Inhalt des Interviews als das Wichtigste und nicht seine Formulierung: Das Ziel ist es, das Typische und das Gemeinsame der Interviews zu finden und dadurch die Datenmenge zu verringern. Die Auswertung qualitativer Interviews besteht aus den folgenden, aufeinander folgenden, Arbeitsschritten:

  1. Paraphrasierung des qualitativen Interviews Dabei geht es darum, den Text in einzelne sinnvolle Textabschnitte zu teilen und den Inhalt mit eigenen Worten wiederzugeben. Dabei ist es wichtig, dass der Inhalt des Gesprächs vollständig wiedergegeben wird, egal wie man den Text gliedert.
  2. Thematisches Ordnen bei der Auswertung des Interviews Im zweiten Schritt solltet Ihr anhand des umgeschriebenen Textes Überschriften und Stichworte finden, mit denen Ihr die vorhandenen Textabschnitte benennt. Ihr solltet dabei dem Text treu bleiben und die einzelnen Teile des qualitativen Interviews thematisch und mit den Begriffen des Befragten ordnen.
  1. Thematische Auswertung & Vergleich zwischen den einzelnen Interviews. In dieser Phase geht es darum, die Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen den verschiedenen Interviews zu identifizieren und zu beschreiben. Dazu können Sie folgende Schritte durchführen:
  • Lesen Sie alle Interviews mehrmals durch und markieren Sie die Textstellen, die zu einem bestimmten Thema gehören. Sie können dafür verschiedene Farben oder Symbole verwenden.
  • Ordnen Sie die markierten Textstellen nach Themen und Unterthemen. Sie können dafür eine Tabelle oder eine Mindmap erstellen. Geben Sie jedem Thema und Unterthema einen passenden Namen, der den Inhalt widerspiegelt.
  • Vergleichen Sie die Textstellen innerhalb und zwischen den Themen und Unterthemen. Achten Sie dabei auf Ähnlichkeiten, Unterschiede, Widersprüche, Häufigkeiten, Intensitäten, Beispiele, Begründungen, etc. Schreiben Sie Ihre Beobachtungen und Erklärungen auf.
  • Überprüfen Sie, ob die Themen und Unterthemen konsistent und klar sind. Passen Sie sie ggf. an oder fügen Sie neue hinzu.
  1. Konzeptualisierung unter Einbezug empirischer Forschung

In dieser Phase geht es darum, die gebildeten Themen und Unterthemen mit dem bestehenden Wissen aus der Literatur und aus Ihrer eigenen Forschung zu verknüpfen. Dazu können Sie folgende Schritte durchführen:

  • Recherchieren Sie nach relevanten empirischen und theoretischen Studien, die zu Ihrem Forschungsthema passen. Sie können dafür verschiedene Datenbanken und Suchmaschinen nutzen. Achten Sie dabei auf die Qualität und Aktualität der Quellen.
  • Vergleichen Sie Ihre Themen und Unterthemen mit den Ergebnissen und Konzepten aus den Studien. Achten Sie dabei auf Übereinstimmungen, Abweichungen, Ergänzungen, Erweiterungen, etc. Schreiben Sie Ihre Argumente und Belege auf.
  • Bringen Sie Ihre Themen und Unterthemen in eine wissenschaftlich angemessene Form. Vermeiden Sie dabei umgangssprachliche oder vage Ausdrücke und verwenden Sie stattdessen präzise und fachspezifische Begriffe. Definieren Sie Ihre Begriffe ggf. und erklären Sie, wie Sie sie verwenden.
  • Formulieren Sie erste Interpretationen und Wertungen Ihrer Themen und Unterthemen. Beziehen Sie sich dabei auf Ihre Forschungsfrage und Ihre Hypothesen. Bleiben Sie dabei zunächst auf das vorliegende Material beschränkt und vermeiden Sie übermäßige Verallgemeinerungen oder Spekulationen.

Theoretische Generalisierung

In dieser Phase geht es darum, Ihre Themen und Unterthemen in einen größeren theoretischen Zusammenhang zu stellen und daraus allgemeingültige Aussagen abzuleiten. Dazu können Sie folgende Schritte durchführen:

  • Wählen Sie eine oder mehrere Theorien aus, die zu Ihrem Forschungsthema passen und die Ihre Themen und Unterthemen erklären oder erweitern können. Sie können dafür verschiedene Theorieansätze und -modelle nutzen. Achten Sie dabei auf die Relevanz und Anwendbarkeit der Theorien.
  • Vergleichen Sie Ihre Themen und Unterthemen mit den Annahmen und Konstrukten der Theorien. Achten Sie dabei auf Anschlussfähigkeit, Konsistenz, Plausibilität, etc. Schreiben Sie Ihre Schlussfolgerungen und Implikationen auf.
  • Formulieren Sie tiefgehende Interpretationen und Wertungen Ihrer Themen und Unterthemen. Beziehen Sie sich dabei auf Ihre Forschungsfrage und Ihre Hypothesen. Erweitern Sie dabei Ihren Blick über das vorliegende Material hinaus und berücksichtigen Sie mögliche Einflussfaktoren, Kontexte, Grenzen, etc.
  • Verwenden Sie eigene Termini, um Ihre Themen und Unterthemen zu benennen und zu beschreiben. Achten Sie dabei auf die Originalität und Klarheit Ihrer Begriffe. Begründen Sie Ihre Begriffswahl ggf. und zeigen Sie, wie sie sich von anderen Begriffen abgrenzen.

Qualitative Interviews zitieren

Wenn Sie die qualitativen Interviews ausgewertet haben, können Sie einzelne Aussagen der Befragten in Ihrer Arbeit zitieren, um Ihre Ergebnisse zu illustrieren und zu unterstützen. Dazu können Sie folgende Regeln beachten:

  • Zitieren Sie nur kurze und relevante Textstellen, die zu Ihrem Argument passen. Vermeiden Sie lange und irrelevante Zitate, die den Lesefluss stören oder vom Thema ablenken.
  • Kennzeichnen Sie die Zitate deutlich mit Anführungszeichen und geben Sie die Quelle an. Sie können dafür verschiedene Zitierstile nutzen, z.B. APA, MLA, Harvard, etc. Achten Sie dabei auf die Einheitlichkeit und Vollständigkeit Ihrer Angaben.
  • Geben Sie die Zitate möglichst wörtlich wieder, wie sie im Interview gesagt wurden. Vermeiden Sie Fehler oder Veränderungen, die den Sinn oder den Ton des Zitats verfälschen. Sie können ggf. kleine Anpassungen vornehmen, z.B. Rechtschreibung, Grammatik, etc. Kennzeichnen Sie diese Anpassungen ggf. mit eckigen Klammern oder Auslassungspunkten.
  • Übersetzen Sie die Zitate ggf. in die Sprache Ihrer Arbeit, wenn das Interview in einer anderen Sprache geführt wurde. Geben Sie dabei das Originalzitat in einer Fußnote oder in einem Anhang an. Kennzeichnen Sie die Übersetzung ggf. mit einem Hinweis wie “Übersetzung des Autors” oder “Eigene Übersetzung”.

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